COVID-19 und Kurzarbeitergeld

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Kurzarbeitergeld

COVID-19 und Kurzarbeitergeld: Beschäfitgte können Kurzarbeitergeld erhalten, wenn Unternehmen Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass mangels Arbeit ein sog. Entgeltausfall besteht.

“Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss. Ebenso kann dies sein, wenn wegen staatlicher Schutzmaßnahmen der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.“ So die Bundesagentur für Arbeit mit Meldung vom 28.02.2020. Kurzarbeit auf Grund der Umstände um COVID-19 ist möglich. Die Umstände um die neuartige Viruserkrankung sind  unvermeidliche Umstände im Sinne des § 97 SGB III.

Erkrankungen wurden in der Vergangnheit nicht als unabwendbare Ereignisse angesehen (s. bspw. Bundessozialgericht mit Urteil vom 01.12.2014, Az.: B 11 AL 3/14 R). Ein unabwendbares Ereignis ist nach der Rechtsprechung jedes objektiv feststellbare Geschehen, das nach den Umständen der Falls gebotenen Sorgfalt nicht abzuwenden ist. Im Falle von COVID-19 treten Teils drastische Beschränkungen über die tatsächlichen Erkrankungsfälle hinaus auf. Es entsteht eine neue Notstandssituation mit Sperrgebieten, Quarantäneanordnungen und Betriebsstillegungen. Dies gilt gerade auch für Italien und Spanien.

Gesetzespaket der Bundesregierung zur Corona Krise

Die Bundesregierung hat zudem am 10.03.2020 eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht. Danach soll Kurzarbeit auf Grund der Corona-Krise voraussichtlich ab Mitte April 2020 bis zunächst Ende 2020 erheblich erleichtert werden. Eine Verlängerung der Erleichterungen bis Ende 2021 soll möglich sein.

Im Mittelpunkt der Erleichterungen sollen zwei Regelungen stehen. Zunächst sollen Arbeitgeber bei der Genehmigung von Kurzarbeitergeld die Sozialversicherungsbeiträge hierfür nicht zahlen müssen. Des Weiteren soll es zu Genehmigung ausreichen, wenn lediglich ein Zehntel der Beschäftigten eines Betriebes von Kurzarbeit betroffen sind. Zuvor war hier ein Schwellenwert von einem Drittel veranschlagt (s.o.).

Belastbare Aussagen hierzu können wir im Einzelnen erst nach Verabschiedung des Gesetzes treffen.  Diese Reaktion des Gesetzgebers zeigt jedoch erneut eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür auf, dass auch die Arbeitsagenturen die Krise um COVID-19 als einen Grund für die Anordnung von Kurzarbeit anerkennen werden.

Erheblicher Arbeitsausfall als Antragsgrund

Voraussetzung der Beantragung ist ein erheblicher Arbeitsausfall. Liegt ein erheblicher Arbeitsausfall vor, können Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeit einführen beziehungsweise anordnen.

Bereits vorab ist es jedoch wichtig darauf hinzuweisen, dass die Anordnung von Kurzarbeit voraussetzt, dass diese Möglichkeit individuell arbeitsvertraglich mit einem Arbeitnehmer vereinbart wurde. Weitere Möglichkeiten zur Anordnung bestünden nur über einen Tarifvertrag oder über eine Vereinbarung mit einem Betriebsrat.

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung ist wiederum nur dann zulässig, wenn sie Kurzarbeit nur in den Fällen erlaubt, in welchen die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorliegen. Das Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit, welche dem Arbeitnehmer einen Teil des durch die Kurzarbeit bedingten Lohnausfalls ersetzt. Es ist in §§ 95 – 100 und 103 – 109 SGB III geregelt.  Die nachfolgenden Ausführungen betreffen daher im Kern zwar das Kurzarbeitergeld, sind in Ihrem Fall jedoch mittelbar auch überhaupt für die Möglichkeit der Anordnung von Kurzarbeit maßgebend.

Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt vor, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Zudem muss der Arbeitsausfall vorübergehend sein, er darf nicht vermeidbar sein und im jeweiligen Kalendermonat müssen mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer/-innen von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein. Als Betrieb gilt hierbei auch eine Betriebsabteilung. Hierunter ist eine mit technischen Mitteln ausgestattete Arbeitsgruppe zu verstehen, die aus sachlichen Gründen organisatorisch vom übrigen Betrieb getrennt ist und einen eigenen Betriebszweck verfolgt.

Ein Arbeitsausfall gilt wiederum nur dann als unvermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Hierzu gehört unter Umständen auch die Gewährung von Urlaub nach den gesetzlichen Regeln oder die Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen, etwa die Auflösung von Arbeitszeitguthaben. Hierzu bestehen umfangreiche Einzelfallregelungen und Weisungen der Bundesagentur für Arbeit. Gerne werden wir Sie hierzu gegebenenfalls weiter beraten.

Zusammenfassend beläuft sich die Prüfung der Arbeitsagentur hinsichtlich von Urlaub gemäß der Fachlicher Weisung der Bundesagentur zum Kurzarbeitergeld auf die Fragen, ob Urlaub während der Kurzarbeit aufgrund der Urlaubsliste, des Urlaubsplans oder aufgrund von Betriebsferien einzubringen wäre; Ansprüche aus übertragenem Urlaub oder kurz vor Ablauf des Urlaubsjahres für einzelne Arbeitnehmer noch restliche Urlaubsansprüche bestehen (die Gründe für eine Übertragung sind ohne Belang); der Arbeitgeber eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs treffen könnte.

Hinsichtlich der Nutzung von zulässigen Arbeitszeitschwankungen ist die Ausgangslage komplexer. Wichtig ist jedoch, dass allein solche Regelungen zur Arbeitszeit maßgebend sind, von denen im Betrieb auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Das Erfordernis der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls verlangt nicht, bestehende Arbeitszeitvereinbarungen zu ändern. Es muss dennoch dargelegt werden, dass alle Möglichkeiten der Flexibilisierung vor der Einführung der Kurzarbeit ausgeschöpft wurden. Dies gilt beispielsweise auch, wenn eine Regelung vereinbart ist, die den Aufbau von Minusstunden im Rahmen eines Arbeitszeitkontos zulässt. Es ist jedoch stets die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu beachten. Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann beispielsweise gegeben sein, wenn die kurzfristige Liquidität des Arbeitgebers infolge einer Versagung des Kurzarbeitergeldes beeinträchtigt wäre.

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld führt für den Arbeitnehmer zu einer Übernahme von 60 % oder in besonderen Fällen 67 % der Nettoentgeltdifferenz zwischen dem pauschalierten Soll-Nettoentgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt auf Grund von Kurzarbeit. Die Bundesagentur stellt zur Berechnung eine Tabelle zur Verfügung. Das Kurzarbeitergeld kann üblicherweise maximal für 12 Monate gewährt werden.

Für den Arbeitgeber führt die Kurzarbeit nicht zu einer vollständigen Entlastung. Dieser bleibt zur Zahlung von Lohn für noch geleistetes Arbeit und den entsprechenden Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber noch alleine Sozialversicherungsbeiträge für das Kurzarbeitergeld (sogenanntes „fiktives Gehalt“) zu leisten. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge sind 80 % der Bruttoentgeltdifferenz und die Beitragssätze in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (bei der Krankenversicherung der allgemeine plus der kassenindividueller Zusatz-Beitragssatz). Das Kurzarbeitergeld ist im Übrigen nicht lohnsteuerpflichtig und stellt – insoweit – rechtlich eigentlich kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung dar. Es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt nach dem Einkommenssteuergesetz.

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