Betriebs­rä­te­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz in Kraft

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Betriebsrätemodernisierungsgesetz in Kraft

Das Betriebs­rä­te­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz ist in Kraft. Was ist neu und wie wirkt sich dies auf die Arbeit der Betriebs­rä­te aus.

Ver­ein­fach­tes Wahl­ver­fah­ren und Kündigungsschutz

Der Gesetz­ge­ber hat die Wah­len zum Betriebs­rat ver­ein­facht. Dar­über hin­aus erhal­ten die Initia­to­ren zur Wahl einen ver­bes­ser­ten Kün­di­gungs­schutz. Dies geschieht durch Sen­kung der not­wen­di­gen Unter­schrif­ten für einen Wahl­vor­schlag. Gleich­zei­tig erhal­ten die Initia­to­ren einer Wahl einen ver­bes­ser­ten Kündigungsschutz.

In Betrie­ben mit 5 bis 100 (bis­her 50) Beschäf­tig­ten gilt das ver­ein­fach­te Wahl­ver­fah­ren. Ab einer Beschäf­tig­ten­zahl von 101 bis 200 Arbeit­neh­mer kön­nen die Betriebs­par­tei­en das ver­ein­fach­te Wahl­ver­fah­ren ver­ein­ba­ren. Das ver­ein­fach­te Wahl­ver­fah­ren ist zwei­stu­fig. In der ersten Wahl­ver­samm­lung wäh­len die Beschäf­tig­ten den Wahl­vor­stand. Auf der zwei­ten Ver­samm­lung wäh­len die Beschäf­tig­ten den Betriebs­rat in gehei­mer und unmit­tel­ba­rer Wahl. Zwi­schen bei­den Ver­samm­lun­gen liegt ledig­lich eine Woche. In Betrie­ben mit bis zu 20 Beschäf­tig­ten wer­den gar kei­ne Unter­schrif­ten mehr erfor­der­lich, so dass sich Wahl­be­rech­tig­te selbst vor­schla­gen kön­nen (§ 14 BetrVG).

Beschäf­tig­te, die zu einer Wahl­ver­samm­lung oder die Bestel­lung eines Wahl­vor­stan­des bean­tra­gen, erhal­ten einen ver­bes­ser­ten Kün­di­gungs­schutz. Die­ser beginnt mit der Ein­la­dung oder der Antrag­stel­lung und dau­ert an bis zur Bekannt­ga­be des Wahl­er­geb­nis­ses, läng­stens jedoch für drei Mona­te. Die Kün­di­gung aus per­so­nen- oder ver­hal­tens­be­ding­ten Grün­den ist in die­ser Zeit aus­ge­schlos­sen. Fer­ner wird die Zahl der Arbeit­neh­mer, die wegen einer Ein­la­dung zu einer Wahl­ver­samm­lung Kün­di­gungs­schutz genie­ßen, in § 15 Abs. 3a KSchG von drei auf sechs erhöht.

Wei­ter­hin wird das Min­dest­al­ter für die Wahl­be­rech­ti­gung auf die Voll­endung des 16. Lebens­jah­res gesenkt (§ 7 BetrVG). Das pas­si­ve Wahl­recht nach § 8 BetrVG bleibt auf Arbeit­neh­mer beschränkt, die das 18. Lebens­jahr voll­endet haben.

Mit dem Betriebs­rä­te­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz wird die Anfech­tung der Wahl wegen Unrich­tig­keit der Wäh­ler­li­ste grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen, wenn nicht zuvor ord­nungs­ge­mäß Ein­spruch ein­ge­legt wur­de (§ 19 Absatz 3 BetrVG). Damit wird sicher­ge­stellt, dass die Rich­tig­keit der Wäh­ler­li­ste früh­zei­tig geprüft wird.

Vir­tu­el­le Betriebs­rats­sit­zung fest integriert

Das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz wird in den Para­gra­phen 30–34 ergänzt. Betriebs­rats­sit­zun­gen mit­tels Video- und Tele­fon­kon­fe­renz sind zuläs­sig. Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Teil­nah­me müs­sen jedoch in der Geschäfts­ord­nung unter Siche­rung des Vor­rangs der Prä­sens­sit­zung fest­ge­legt sein. Eben­so zuläs­sig ist es, eine Prä­sens­sit­zung abzu­hal­ten und gleich­zei­tig Mit­glie­der mit­tels Video- oder Tele­fon hin­zu­zu­schal­ten.  Wie bis­her auch, muss wei­ter­hin sicher­ge­stellt sein, dass Sit­zun­gen nicht öffent­lich sind. Wegen des Ver­weis auf die Geschäfts­ord­nung, bekommt die­se einen ganz neu­en Stel­len­wert. Das Muster einer Geschäfts­ord­nung fin­den Sie hier. Inter­es­sant ist, wel­che Anfor­de­run­gen hier an Arbeit­ge­ber gestellt wer­den, um zukünf­tig die vir­tu­el­le Betriebs­rats­sit­zung zu ermöglichen.

Digi­ta­li­sie­rung mit­tels elek­tro­ni­scher Signatur

Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, Inter­es­sen­aus­glei­che und Sprü­che der Eini­gungs­stel­le kön­nen nun­mehr auch ohne Ein­hal­tung der Schrift­form durch qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tu­ren abge­schlos­sen wer­den. Die qua­li­fi­zier­te elek­tro­ni­sche Signa­tur setzt jedoch einen Signa­tur­schlüs­sel vor­aus, der in der Pra­xis noch nicht soweit ver­brei­tet ist.

Klar­stel­lung beim Datenschutz

Der Betriebs­rat wird nach den neu­en Rege­lun­gen des Geset­zes zum Daten­schutz ver­pflich­tet. Geklärt ist ein jah­re­lan­ger Streit unter den Daten­schutz­be­auf­trag­ten. Der Arbeit­ge­ber ist auch dann Ver­ant­wort­li­cher, wenn der Betriebs­rat per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten in sei­nem Ver­ant­wor­tungs­be­reich ver­ar­bei­tet. Klar­ge­stellt wird über­dies, dass die Ver­schwie­gen­heits­ver­pflich­tung des Daten­schutz­be­auf­trag­ten auch Infor­ma­tio­nen umfasst, die den Betriebs­rat berüh­ren. Frag­lich bleibt den­noch, wie weit die Ver­ant­wort­lich­keit des Betriebs­ra­tes zum Daten­schutz geht. Ihr Umfang lässt sich der gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung nicht entnehmen.

Mehr Mit­be­stim­mung bei mobi­ler Arbeit und Weiterbildung

Der Gesetz­ge­ber hat § 87 BetrVG um Zif­fer 14 erwei­tert. Danach hat der Betriebs­rat ein Mit­be­stim­mungs­recht bei der Aus­ge­stal­tung von mobi­ler Arbeit, die mit­tels Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik erbracht wird. Mobi­le Arbeit ist geprägt durch ihre Orts­un­ab­hän­gig­keit. Daher fällt unter mobi­les Arbei­ten nicht nur das Arbei­ten im Home Office, son­dern jede Form der mobi­len Tele­ar­beit. Es ist aber zu erwar­ten, dass die Recht­spre­chung die Mit­be­stim­mung auf das “Wie” begrenzt. Hier­für spricht die Ver­wen­dung des Begriffs “Aus­ge­stal­tung”. Die Ent­schei­dung ob mobi­les Arbei­ten zuläs­sig sein soll, ver­bleibt damit beim Arbeit­ge­ber. Hier­über kann der Arbeit­ge­ber frei ent­schei­den. Nicht erfasst sol­len Fah­rer, Mon­teu­re und Außen­dienst­mit­ar­bei­ter sein, die aber eben­so mit Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik arbeiten.

Arbeit­ge­ber und Betriebs­rat sol­len zukünf­tig die Berufs­bil­dung der Beschäf­tig­ten för­dern. Der Betriebs­rat kann vom Arbeit­ge­ber ver­lan­gen, den Berufs­bil­dungs­be­darf zu ermit­teln. Er kann hier­zu Vor­schlä­ge machen. Im Streit über vor­ge­nann­te Maß­nah­men, kön­nen die Betriebs­par­tei­en die Eini­gungs­stel­le anru­fen. Die­se soll eine Eini­gung ver­su­chen. Daher kann sie die Ange­le­gen­heit nicht mit­tels Spruch ent­schei­den. Dies kann sie nur, wenn sich bei­de Par­tei­en dem Spruch unter­wer­fen. Es ist daher kein ech­tes Mit­be­stim­mungs­recht geschaf­fen wor­den, son­dern viel­mehr ein zusätz­li­ches Verfahren.

Der Autor ist Rechts­an­walt und Geschäfts­füh­rer der Ent­ner Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH mit Sitz in Ber­lin. Wir bera­ten unse­re  Man­dan­ten zu allen The­men des Arbeits­rechts, des Gesell­schafts­rechts und zu aus­ge­wähl­ten The­men des Steu­er­rechts. Spre­chen Sie uns an.